Auf den Industriesektor entfallen gut 17 % der deutschen Emissionen, v.a. auf die metallherstellende, die mineralische und die chemische Industrie. (LocalZeroGenerator 2022).
Dabei sind die Emissionen sehr ungleich verteilt: Laut einem aktuellen Bericht des WWF, entfielen auf die dreißig emissionsintensivsten Anlagen 2022 rund ein Drittel der im Klimaschutzgesetz definierten Emissionen des Industriesektors.
Für die Klimaneutralität einer Kommune kann es daher von ganz zentraler Bedeutung sein, dass die ortsansässige Industrie sich auf den Weg zur Klimaneutralität macht.
Auch wenn für die vollständige Dekarbonisierung der Industrie Beschaffung und Entsorgung wichtig sind, sind der wesentliche Hebel meist die Prozesse der Unternehmen selbst. Ein großer Teil der Emissionen resultiert aus dem Energiebedarf, insbesondere für Prozesswärme, ein Teil aus anderen prozessbedingten Emissionen.
Für diese verschiedenen Quellen von Emissionen gibt es jeweils unterschiedliche Ansätze zur Reduktion (s. z.B. Umweltbundesamt 2020): So kann Prozesswärme bis 200 Grad lt. AGORA Energiewende (2023) beispielsweise über Großwärmepumpen bereitgestellt werden. Allgemein gilt Fraunhofer ISI (2022) die Elektrifizierung in den meisten Branchen als die effizienteste Möglichkeit der CO2-neutralen Versorgung mit Prozesswärme, da weniger Umwandlungsverluste für die Erzeugung von Wasserstoff oder synthetischen Kohlenwasserstoffen bzw. Power-to-Gas auftreten. Elektrodenkessel können Temperaturen bis 500 Grad erzeugen, für noch höhere Temperaturen werden aber (grüner!) Wasserstoff bzw. Wasserstoffderivate benötigt (s. z.B. AGORA Energiewende 2022). Wasserstoff kann außerdem in bestimmten chemischen Verfahren eingesetzt werden, z.B. als Reduktionsmittel.
In jedem Fall stellen Fortschritt bei der Energie- und Ressourceneffizienz sowie der Ausbau der Kreislaufwirtschaft zentrale Voraussetzungen für eine erfolgreiche Industriewende dar. In der Zement- und Kalkindustrie wird es notwendig sein, CO2 aufzufangen und zur Verwendung in der chemischen Industrie weiterzuleiten oder zu speichern (Fraunhofer ISI 2022).
Eine solche Umstellung industrieller Prozesse erfordert aber oft auch Veränderungen der Anlagen, die typischerweise auf Nutzungsdauern von über 50 Jahren ausgelegt sind, und damit erhebliche Investitionen (s. z. B. McKinsey & Company 2018, S. 9)
Aus diesem Grund gibt es für die Dekarbonisierung der Industrie auch Fördermittel, z.B. vom Bundesministerium für Wirtschaft und Klima. Die Science Based Targets initiative hält Unternehmen dazu an, sich ehrgeizige Reduktionsziele bis hin zur Klimaneutralität vorzunehmen und zertifiziert diese. Außerdem bietet sie branchenspezifische Guildelines.
Für die Industrie selber stellt Klimaneutralität aber nicht nur eine teure Notwendigkeit dar, sondern auch eine Chance zur Reduktion von Abhängigkeiten und damit Risiken sowie Kosten und für Produkt– und Prozess-Innovationen.
Und auch für die Kommune und Aktivisten ist es wichtig, bei der Industrie nicht nur die Veränderungsbedarfe zu sehen, sondern auch die Chancen und den Beitrag, den die Industrie zur Dekarbonisierung von Wirtschaft und Gesellschaft leisten kann, z.B. die Bereitstellung grüner Rohstoffe wie Wasserstoff oder komplexer Produkte wie Wärmepumpen – oder auch nur die Nutzung industrieller Abwärme zur Beheizung ganzer Stadtviertel.
- Auf den Industriesektor entfallen 156 Mt CO₂e der rund 911 Mt CO₂e gesamt deutschen Emissionen im Jahr 2018. Dazu gehören die metallherstellende Industrie (59 Mt CO₂e) die mineralische Industrie (34 Mt CO₂e), die chemische Industrie (27 Mt CO₂e) und die sonstige Industrie inkl. Ernährungs– und Papierindustrie (36 Mt CO₂e) (LocalZeroGenerator).
- Umweltbundesamt 2020: Klimaschutz und Dekarbonisierung im Industriesektor
- Umweltbundesamt 2020: Nationaler Inventarbericht 2018
- WWF 2023: Die Dirty Thirty
- AGORA Energiewende 2023: Großes Potenzial: Mit Großwärmepumpen grüne Wärmequellen für Gebäude und Industrie nutzbar machen
- Fraunhofer ISI 2022: Neue Studie zeigt Schlüsselstrategien für die Dekarbonisierung der Industrie
- Max Planck Gesellschaft 2023: Green steel produced with ammonia
- McKinsey & Company 2018: Decarbonization of industrial sectors: the next frontier
- Bundesministerium für Wirtschaft und Klima: Förderprogramm Dekarbonisierung in der Industrie
- AG Energiebilanzen 2018: Bilanz 2018
- Klimavision von LocalZero
- Science Based Targets initiative
- Green Steel World
- https://c2c.ngo/